19.08.2014
Ich verlasse Turpan, zusammen mit Vreni. Nach 5 Wochen sitzt sie wieder auf dem Beifahrersitz. Die Fahrt aus Turpan heraus ist für sie von besonderer Spannung. Erstmals ist sie dem chinesischen Verkher ausgesetzt, zwar noch nicht am Steuer, aber die Anspannung ist trotzdem sehr gross. Ich hingegen, habe mich inzwischen gut an die chinesische Fahrweise angepasst. Nicht dass ich etwa genauso doof fahre, aber ich habe gemerkt, dass das mit dem Verkehr fliessen die besten Art ist, sich ohne wesentliche Probleme durchzukommen. Natürlich habe ich auch jede Hemmung abgelegt, die Hupe intensiv zu benutzen. Nachdem wir Turpan verlassen haben, folgen wir zuerst einer Landstrasse mit Pappeln zu beiden Seiten. Diese Art von Strasse ist sehr häufig anzutreffen.  Dann geht es auf die Autobahn G312/G30. Vorgängig sind wir über den oft herrschenden starken Seitenwind gewarnt worden und tatsächlich, der Wind kommt mit grosser Heftigkeit von rechts vorne. Um geradeausfahren zu können muss ich  mit grossem Einschlag, das Lenkrad zeigt nach 2 Uhr, fahren. Das WoMo wird immer wieder geschüttelt und wenn man an einem Lastenzug oder einem Hügel vorbei fährt bricht dieser schlagartig zusammen. Prompt begegnen wir einem umgekippten Lieferwagen und später noch einem Sattelzug, dessen Ladung Feuer gefangen hat, wahrscheinlich durch den heissen Wind begünstigt.

Dann, nach etwa 5 km mit Seitenwind, tritt eine Fehlermeldung auf (ESP/Tempomat) ausgeschaltet, Werkstatt aufsuchen). Sobald wie möglich fahre ich zur Seite und schalte den Motor aus und nach ein paar Sekunden wieder ein. Die Fehlermeldung ist weg und ich fahre weiter als ob nichts gewesen wäre. Nach weiteren 5 km tritt der Fehler wieder auf und später dann nochmals. Dann führt uns die Strasse nach links und der Wind kommt jetzt von hinten. Von nun an tritt die "Störung" nicht mehr auf, also hat der starke Seitenwind die Elektronik irritiert und die Meldung veranlasst.

Dann führt uns dieStrecke über einen Pass von etwa 2'000 Meter mit wunderschönen Felsformationen. Mancherorts haben sich Dünen gebildet, welche sich über die Felskämme bis zur Strasse ausgebreitet haben.
Es ist bald Mittag und wir wollen irgendwo von der Strasse weg. Wir folgen einer Naturstrasse und schon bald merke ich, dass ich auf dieser Strasse nicht wenden kann weil sie sehr schmal ist und zu beiden Seiten einen hohen Sandwulst hat. Um sicher wieder weg zu kommen ist es mir wichtig, "in Fluchtrichtung" anzuhalten um Pause zu machen. Nach 4 Kilometer treffen wir auf einen Steinbruch mit einem grossen Kehrplatz. Ich wende und fahre zurück. Weil aber hinter uns ein beladenen Lastwagen folgt, ist auf dieser Strecke mit Pause nichts zu machen. Nach einer Stunde sind wir wieder am Ausgangspunkt und machen halt dort Mittagsrast.
Dann erreichen wir den heutigen Stellplatz in Korla, hinter einem Hotel. Der Platz ist zwar in Ordnung, aber es stellt sich langsam der Verdacht ein, dass Yongzhi solche Plätze aussucht um nicht im WoMo sondern im Hotel schlafen zu können. Mal sehen, ob sich das bestätigt. Aber im Wesentlich sind wir hier, weil es von hier aus morgen direkt in die Wüste geht.

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20.08.2014
Wir verlassen die Stadt in südlicher Richtung und folgen der S218 in die Taklamakan Wüste. Anfangs sind die Strassen wieder mit Pappels gesäumt. Dann Erreichen wir eine Kreuzung mit der letzten Möglichkeit für die nächsten 600 km Diesel und Gas zu tanken. Es ist ein Umschlagplatz, auf welchem sich alle Camioneure treffen, um vor der langen Fahrt nochmals etwas Geselligkeit zu haben. Als nächstes folgen zu beiden Seiten vorbereitete Anpflanzbeete. Charakteristisch ist daran, dass sie vertieft im Boden eingelassen sind um die Pflanzen etwas vor dem Wind zu schützen. Auch sind die Beete mit perforierten Wasserschläuchen versehen. Und so ermöglicht die Kombination von Sonne und Wasse bis zu 3 Ernten pro Saison.

Taklamakan heisst: "In die Wüste gehen und nicht mehr zurückkehren". Wir sind zuversichtlich, dass das für uns nicht zutreffen wird.
Je weiter wir in die Wüste fahren, desto karger wird die Landschaft. Den grünen Pappeln folgen bald abgestorbene Baumstrünke und vereinzelte Büsche. Dann gewinnt der Sand die Oberhand. Selbst die Luft ist voll von feinstem Sandstaub, welcher durch alle Ritzen dringt und sich im WoMo überall niederschlägt. Knirschen mit den Zähnen ist problemlos möglich.
Der stetige Wind treibt immer Sand auf die Fahrbahn und es würde nicht lange dauern und die Fahrbahn wäre nicht mehr zu erkennen, wenn dem nicht Einhalt geboten würde.
Dann und wann sieht man die Spitzen von Verwehungsnetzen wie wir sie gegen den Schnee verwenden aus dem Sand ragen. Aber es ist offensichtlich, dass dies nicht die geeignete Lösung ist. Und so hat man zwei verschiedene Massnahmen getroffen, meist beide gleichzeitg. Man pflanzt in mehreren ReihenTamarisken, welche der grossen Hitze und dem Wind standhalten und man legt geflochtene Stroh oder Schilfmatten auf den Sand und erreicht damit, dass sich dieser kaum mehr wegwehen lässt. Jedenfalls sind die Strassen erstaunlich sandfrei und nur dort, wo diese Massnahme nicht getroffen wurde, fahren wir über verwehte Strassen.
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Dann und wann halten wir an um die eine oder andere Düne zu besteigen. Erstaunlich, selbst im unerträglich heissen Sand finden wir Spuren von Tieren. Wir verbrennen uns die Fusssohlen und für diese Tiere ist dies der gewohnte Lebensraum.
Dann geht die Fahrt weiter, vorbei an den blauen Wasserhäuschen, deren rote Dächer schon von weitem zu sehen sind. Etwa alle 4 km ist eines anzutreffen. Hier kann man Wasser tanken. Die Wasserstellen sind aber auch da um die Tamarisken am Leben zu halten. Ein Mal pro Tag erhalten diese genügsamen Pflanzen über die beidseits der Strasse verlegten Leitungen eine geringe Menge Wasser. Mit unseren 240 Liter Wasser im WoMo sind wir nicht darauf angewiesen, wir haben genug um mehrere Tage autonom zu sein.

Nach 250 km machen wir Halt auf einem Betonplatz inmitten der Wüste. Er ist ein Überbleibsel aus der Zeit, als die Strasse gebaut wurde.  Die 46 Grad sind dank des starken Windes kaum zu spüren. Aufgehängte Wäsche ist innert Minuten trocken. Damit der Wind nicht die ganze Nacht am WoMo schüttelt und rüttelt, stellen wir uns mit der Schnauze gegen den Wind. Dann beginnt die Dämmerung gegen 9 Uhr. Der Himmel färbt sich rot und die Sonne versinkt hinter den Dünen. Der Wind bricht zusammen und es wird ausserordentlich angenehm, bei immer noch 30 Grad im Freien zu sitzen. Wie schnell man sich an die hohen Temperaturen gewöhnt! Übrigens stehen wir auf 90 Meter unter dem Meeresspiegel!
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21.08.2014
Während der Morgendämmerung fahren wir los, noch bevor die vielen Laster, welche den gleichen Rastplatz benutzen, weiterfahren. Es liegen etwa 360 km vor uns. Minfeng, der Ort, in dem wir schon wieder auf einem Hotelparkplatz stehen werden, liegt am südlichen Ende der Taklamakan. Wir wollen das besondere Licht in den Dünen geniessen. Es ist immer noch 28 Grad warm, es hat also in der Nacht kaum abgekühlt.
Über lange Strecken sind wir allein auf der Strasse. Dann und wann werden wir von einem Lastenzug überholt. Diese brettern im Carajo über die Piste und hupen alles weg was ihnen im Wege steht.

Seit ein paar Monaten haben sich hier in Uigurien die Anschläge von Separatisten, welche mehr Autonomie von China wollen, gehäuft. Darum ist über mit starker Polizei- und Armeepräsenz zu rechnen. Bei Einfahrten in grössere Orte werden alle Autos angehalten. Jene mit uigurischen Insassen werden gründlich durchsucht. Jeder muss aussteigen und sich mit Papieren ausweisen. Zum Glück werden wir jeweils problemlos durchgewinkt. Die Situation hat aber auch zur Folge, dass wir zu unserer Sicherheit nicht mehr von der vorgegebenen Route abweichen dürfen. Wurden bisher kleine Abstecher von ein paar Kilometern in ein nahegelegenes Dorf toleriert, ist damit jetzt Schluss. Es geht noch weiter: wenn wir morgens abfahren ist wohl der ungefähre Zielort bekannt, nicht aber sicher. Im Laufe des Tages verhandelt Yongzhi mit der örtlichen Polizeipräfektur, wo genau wir übernachten dürfen. Ausserhalb von Städten ist es ab sofort nicht mehr möglich. Die Polizei will, dass wir an einem kontrollierbaren Ort "zusammengepfercht" stehen.
Das ist nicht immer interessant und schon mancher hat sich darüber beklagt, dass er unmittelbar neben dem Abfallhaufen im Hinterhof stehen muss. Zum Glück habe ich für die Nächte in Turfan, Hotan und Kasghar Hotelzimmer reserviert. Für 50 Fr. pro Zimmer und Nacht, einschliesslich einem chinesischen Frühstück, ist es wahrlich nicht viel.

Ja, über das chinesische Frühstück muss ich noch erzählen: Wenn es in Peking und Xi'an noch Toast, Schinken und Käse, aber auch Butter und "Gumfi" gab, ist es jetzt im muslimischen Westen anders geworden.
Hier werden nur warme Speisen aufgetragen. Da sind Gemüse, braune Eier welche wahrscheinlich in Soja eingelegt wurden, verschiedene Nudeln und dreierlei Suppen, also lauter Sachen, nach denen mich wenig gelüstet. Wenn man dann noch ein Stück Brot findet, was die Chinesen zum Frühstück verabscheuen, ist dieses zu allem Überfluss noch süss.
Überhaupt, da werden so viele Speisen künstlich gesüsst, zum Beispiel UHT Milch mit leichtem Vanillegeschmack, gesüsste Würste, "mineralisiertes" Trinkwasse mit Süssstoff und vieles mehr.
Wir helfen uns damit, dass wir unser obligates Frühstücksmüsli mit einem wunderbaren Nespresso im WoMo einnehmen.

Fazit:  Am Ende der zwei Tage haben wir nach 561 km die Wüste Taklamakan verlassen. Wasser und Diesel haben gereicht, die Kamele unter der Motorhaube haben nicht schlapp gemacht und wir sind um viele wunderbare Eindrücke reicher.