28.07.2014  Peking - Zhengding
Die heutige Strecke beträgt etwa 270 km. Sie führt mich durch den dicht besiedelten Gürtel um Peking. Immer wieder stosse ich auf interessante oder merkwürdige Bauten - Gigantismus wo man hinschaut!  Im Kontrast dazu treffe ich immer wieder auf verlassene Bauernsiedlungen entlang der Autobahn. Die Menschen sind in die Stadt, in die grossen Wohnsiedlungen umgezogen und haben ihr bisheriges Leben aufgegeben. Ob sie da glücklicher sind? Jedenfalls ist es die Doktrin des Staates, dem Bevölkerungswachstum entsprechend Wohnraum zu schaffen. Innerhalb von wenigen Jahren verliert das Land so seinen bisherigen Charakter. Wo vorher ein dörflicher Zusammenhalt bestand herrscht heute eine grossstädtische Anonymität.
Der heutige Stellplatz liegt unmittelbar an einer Hauptstrasse welche Tag und Nacht von schweren Lastwagen befahren wird und dient lediglich der Übernachtung auf einer längeren Strecke. Immer wieder wird gehupt und an Nachtruhe ist nicht zu denken. Ab 3 Uhr döse ich nur noch so vor mich hin und dies bei immer noch 30 Grad!
Die Erlösung kommt erst am Morgen mit der Weiterfahrt.
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29.07.2014  Zhengding - Pingyao
Nach einer Stunde komme ich von Flachland in eine hüglige Gegend. Wenn mich vorher die Lastenzüge mit 100 kmh überholt haben, so schleichen sie jetzt zum Teil mit weniger als 50 die Steigungen hoch. Das hat dann zur Folge, dass sie sich Elefantenrennen liefern und somit beide Spuren für Minuten blockieren. Dann kommen wieder die PWs und fahren im Slalom links und rechts vorbei. Was bleibt mir anderes übrig als es denen gleichzutun? Dabei kann ich noch beobachten, dass die Blendschutzlamellen in der Fahrbahnmitte durch Frauen und von Hand gereinigt werden. Es kümmert sie offenbar nicht, dass die dicken Brummer nur wenige Zentimeter neben ihnen vorbeifahren.
Ich durchfahre die Provinz Shanxi, einst wie heute wieder Kernland der chinesischen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Heutzutage ist die Provinz durch ihre Kohle-, Erz- und Mineralvorkommen ins Zentrum der Aufmerksamkeit geraten. Taiyan, eine Grossstadt, welche ich rechts liegen lasse, ist einer der Kohlepötte des Landes. Die Luft ist voller Industriestaub und die Sicht ist dementsprechend auch getrübt.

Über Mittag bricht ein heftiges Gewitter über die Gegend. Innert Minuten ist die Autobahn überflutet und die meisten Fahrzeuge halten am Strassenrand an. Nur noch die Brummer, welche möglicherweise im Akkord bezahlt werden, kümmern sich nicht um den Regen, sie fahren unbeeindruckt weiter.
Für mich ist dies die Gelegenheit, Mittagsrast zu halten. Ich koche mir eine chinesische Tomaten-Eier-Suppe und ruhe mich aus. Nach einer guten Stunde, das Gewitter ist inzwischen weitergezogen und ich höre nur noch das Donnergrollen, fahre ich weiter.
29. & 30.07.2014  Pingyao
Die Einfahrt in die Stadt, und besonders in den Hotelparkplatz gestaltet sich etwas schwierig. Darum treffen wir uns auf einer Raststelle vor der Ausfahrt. Ein Begleitfahrzeug des Hotels holt uns hier ab und leitet uns im Konvoi durch die Stadt. Immer wieder halten die Leute ihre Fahrzeuge an und staunen. Sie haben wahrscheinlich noch nie Wohnmobile gesehen.
Die letzten paar Meter vor dem Parkplatz sind die kritischsten. Einerseits ist die Einfahrt so eng, dass jedes Fahrzeug nochmals zurücksetzen muss damit es die Einfahrt schafft. Zum anderen gibt es auch noch eine Höhenbeschränkung mit der vagen Angabe von etwa 3.4 - 3.5 Meter.
Unter der Beobachtung von Klaus fahre ich vorsichtig hinein und stellen erleichtert fest, dass die Höhe mindestens 3.8 Meter beträgt, also keine Problem für meine 3.37 !
Hier bleiben wir 2 Nächte.
Pingyao hat etwa 48'000 Einwohner, wovon etwa 4'000 innerhalb der alten Stadtmauern leben. Die Stadt weist eine uralte Geschichte auf, so dass die ersten Nachweise menschlicher Besiedelungen in der Region bis in die Altsteinzeit zurück reichen. Aus der Zeit der westlichen Zhou-Dynastie um die Wende vom 9. zum 8. vorchristlichen Jahrhundert stammt die Errichtung eines Erdwalls als erste Stadtbefestigung. Unter der Herrschaft des Ming-Kaisers Hong-Wu wurde die Stadt wesentlich erweitert und die nun grössere Stadtbefestigung als Mauer mit Erdkern errichtet.
Durch die fehlende Finanzkraft und Bedeutung wurde Pingyao weitgehend von den Zerstörungen durch Modernisierung und Kulturrevolution verschont und konnte so seine historisch gewachsene Altstadt erhalten. Pingyao besitzt heute die längste vollständig erhaltene mingzeitliche Stadtmauer Chinas und weist noch eine Vielzahl historischer Hofhäuser auf.
Der Stadtrundgang führt uns zuerst auf die Mauer und zu einem Wachturm am Nordeingang. Danach schlendern wir durch die rechtwinklig angeordneten Gassen, um das eine oder andere Museeum zu besuchen.
Natürlich ist inzwischen vieles für die Touristen angelegt. Fast ausnahmslos sind dies Chinesen. Uns Langnasen begrüsst man fast immer fröhlich und interessiert und man winkt uns zu.
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Unser lokaler Führer ermöglicht uns, anlässlich der Führung am zweiten Tag das Haus eines seiner Bekannten von innen zu besuchen. Bereitwillig wird uns Einlass gewährt und die Türen zu den Wohnräumen geöffnet.
Wir betreten das Haus über eine hohe Treppe, welche früher den Status des Bewohners gezeigt hat. Ein breiter Nebeneingang ist für Pferd und Wagen vorgesehen.
Der Lehmboden ist vom gestrigen Regen aufgeweicht. Vom Innenhof aus geht es zu beiden Seiten in Wohnräume, teils zum Wohnen hergerichtet, teils aber leer und renovationsbedürftig.
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Nach der Führung betreten Sabine,  Michi und ich den Innenhof eines kleinen Hotels, welches uns schon zuvor aufgefallen ist. An einem quadratischen Tisch sitzt eine Familie bei einem "Mongolentopf" und sofort ist uns klar, was wir zu Mittag essen wollen. Bei Bier und Jasmintee warten wir eine Viertelstunde, bis die Familie fertig ist und wir uns an den grossen Tisch setzen dürfen.
Inzwischen wird das Feuer in unserem Topf angefacht. Ein aufgesteckter Kamin und heftiges Wedeln bringt die Holzkohle zum Glühen und schon bald kocht der Inhalt. Dann kommt der Topf auf unseren Tisch und das Essen beginnt.
Im unteren Teil des ringförmigen Topfs befinden sich Salatblätter, wahrscheinlich Mangold. Darüber sind Speckscheiben, verschiedene Fleischstücke, Pilze und Glasnudeln angeordnet.
Mit den Sticks, und manchmal auch mit der Gabel wenn es nicht anders geht, fischen wir die Köstlichkeiten heraus.
Zum Schluss probieren wir noch etwas von der heissen Suppe.
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Nachtrag
Während dem ich am Fertigstellen dieses Beitrags bin, bittet Vreni mich um einen dringenden Rückruf.
Am Telefon erfahre ich, dass die Auswertung des MRIs eine sofortige Operation der Lendenwirbelsäule erfordere. Wir sind beide enttäuscht und traurig darüber, dass sich die Rückreise um einen Monat verschieben wird. Heute Nachmittag hat sie einen Termin beim Chirurgen und dann wissen wir etwas mehr.

Zwei Stunden später erfahre ich, dass die Operation morgen früh stattfinden soll. Der Eingriff erfolgt endoskopisch und soll nur eine Stunde dauern. Nach ein paar Tagen soll sie wieder nach Hause können und wenn alles wie geplant verläuft, wird Vreni in hoffentlich 2-3 Wochen zurück sein.