23.05.2015  Moskau - Wladimir - Suzdal
Heute verlassen wir frühmorgens Moskau. Die Reiseleitung empfiehlt uns, entweder vor 8 oder dann erst nach 10 Uhr loszufahren. So können wir die schlimmste Stauzeit vermeiden. Für diejenigen, welche sich im Moskauer Verkehr unsicher fühlen, wird ein Lotsendienst angeboten. Nach den guten Erfahrungen bei der Hinfahrt gibt es nur noch wenige, welche diesen Dienst in Anspruch nehmen wollen. Wir fahren kurz vor 8 los und kommen gut aus der Stadt. Das sind doch immerhin etwa 30 Kilometer bis zum Stadrand. Wenn wir gedacht haben, dass wir damit jeden Stau vermeiden würden, sehen wir uns getäuscht.
Nur ein paar Kilometer später stehen wir schon. Einmal ist es ein Rotlicht an einer grossen Kreuzung, dann ist es wieder eine der zahlreichen Baustellen. Strassenbau in Ehren, es ist auch notwendig - aber warum gerade wenn wir reisen? So stauen sich die Autos in zwei Spuren und ganz Findige fahren rechts auf dem unbefestigen Seitenstreifen zweispurig an uns vorbei, um sich dann 100 Meter später wieder hineinzudrängen.
Mit Verwunderung stellen wir fest, dass dies überhaupt niemanden stört. Man macht Platz und lässt die Drängler hinein. Keiner schimpft, keiner hupt - es ist halt so!
Auf der Strasse sind die Russen aussergewöhnlich tolerant. Hilft man einem Drängler oder einem, der selbst bei ausgezogener Mittellinie überholt wieder hinein, so bedankt sich dieser mit kurzem Blinken des Pannenlichts. Da man auch uns immer wieder behilflich ist, besonders dann, wenn wir vor einer Verzweigung bei 6 Spuren in der falschen stehen, und so blinken auch wir jetzt.

Das heutige Ziel ist Suzdal. Jedoch zuvor machen wir in Wladimir einen Zwischenhalt um im GLOBUS-Shoppingcenter für die nächsten Tage einzukaufen. Von der Grösse und der Reichhaltigkeit des Angebotes sind wir erschlagen. Ich wüsste nicht, wo es bei uns ein annähernd so grosses Einkaufscenter hat.
Nebst Brot, Milch und Fleisch kaufen wir auch noch 3 Pulpos, welche wir heute Abend grillen und zu Risotte essen wollen. Die Tentakeln schneide ich klein und mische sie dem Risotto bei.
Zum wichtigsten das wir kaufen gehört aber das Wasser. Wohl füllen wir unseren Tank mit 200 lt Trinkwasser aus dem Schlauch, welcher auf unseren Plätzen meistens vorhanden ist. Aber oft riecht dieses nach Chlor, und je weiter wir Richtung Osten kommen, desto intensiver soll dies werden. Darum kaufen wir immer Trinkwasser in der Flasche, bzw. in 5-Liter-Bidons. Damit bereiten wir dann das Essen und den Kaffee zu.

Suzdal erreichen wir gegen Abend. Hier stehen wir auf einem neuen Campingplatz mit hervorragenden sanitären Einrichtungen. Er wurde erst im letzten Jahr errichtet und sieht darum auch noch sehr gut aus. Wie lange das so bleiben wird? Unsere Erfahrungen sagen, dass vielerorts die Infrastruktur vernachlässigt wird. Man lässt das Wasser tropfen, Türen beginnen zu klemmen, Putz bröckelt ...
Als erstes halten wir unser Meeting ab, an welchem der morgige Tag besprochen wird. Danach gibts Nachtessen.
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24.05.2014  Suzdal
Am nächsten Morgen besuchen wir Suzdal
Suzdal ist eine der ältesten russischen Städte. Im 10. Jahrhundert kamen slawische Siedler aus dem Gebiet von Smolensk in die fruchtbare Region um Suzdal, wobei archäologisch bereits eine Besiedlung seit dem 9. Jahrhundert belegt ist. Die erste schriftliche Erwähnung erfolgte 1024. Suzdal bot aufgrund seiner Wälder Schutz vor Angriffen von Nomadenstämmen. Zu dieser Zeit war Suzdal bereits eine bedeutende Siedlung und neben Rostow ein wichtiges Handelszentrum der Nordost-Rus. Anfang des 12. Jahrhunderts wurde ein Kreml errichtet. Dieser befand sich in der Biegung des Flusses Kamenka im südlichen Teil der heutigen Stadt Suzdal.

Fernab von Industrien und Hauptverkehrsadern konnte die Stadt ihr historisches Bild bis heute weitgehend beibehalten, darüber hinaus finden sich in der Museumsstadt auch alte Bauwerke, die aus anderen Landesteilen stammen und hier wiederaufgebaut wurden.
Der ehemalige Suzdaler Kreml, die Muttergottes-Geburts-Kathedrale mit den fünf blauen Kuppeln und dem Erlöser-Euthymios-Kloster gehören seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

In Suzdal sind drei grosse Klöster erhalten: Im Zentrum der Stadt liegt das Mariä-Gewandniederlegungs-Kloster; im Norden der Stadt, ausserhalb der alten Stadt Suzdal, liegen an gegenüberliegenden Ufern des Kamenka-Flusses das Erlöser-Jewfimi-Mönchskloster und das Maria-Schutz-Nonnenkloster, die beide noch als Kloster genutzt werden. Sie sollen der Legende nach durch einen unterirdischen Gang verbunden sein.

Die Gebäude des 1364 gegründeten Maria-Schutz-Klosters entstammen ebenfalls des 16. und 17. Jahrhunderts. Es war ein bekannter Verbannungsort für Frauen aus aristokratischen Kreisen. So waren hier unter anderem Ehefrauen der Zaren Iwan III. dem Grossen, Wassili III. und Peter I. dem Grossen inhaftiert.
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25.05.2014  Nizhniy Novgorod
Der heutige Standort ist vor dem grossen Sportstadion, direkt an einem See gelegen. Kaum angekommen gehen Vreni und Ingrid schwimmen. Später setzen wir uns auf eine kleine Terrasse zum See, welche sich direkt vor unserer Tür befindet. Dann folgt das übliche Meeting und es wird die Fahrt nach Tscheboksary beschrieben und anschliessend feiern wir mit Unmengen an Sekt Sigis Geburtstag.
Unser heutiges Ziel, Nizhniy Novgorod, ist mit 1'250'619 Einwohnern  die fünftgrösste Stadt Russlands. Sie liegt an der Einmündung der Oka in die Wolga und ist die Hauptstadt der Oblast Nizhniy Novgorod sowie des Föderationskreises Wolga. Um 1850 entwickelte sie sich zur Drehscheibe des russischen Handels und später zu einer Industrie-Metropole.
Die Stadt wurde 1221 von Juri II. Wsewolodowitsch, dem Grossfürsten des Wladimirer Fürstentums, am Zusammenfluss der beiden wichtigsten Flüsse seines Reiches, der Wolga und der Oka, gegründet. Die wörtliche Übersetzung von Nizhniy Novgorod lautet „Untere Neustadt”.
Die Stadt wurde 1932 in Gorki umbenannt, nachdem Maxim Gorki offiziell als proletarischer Schriftsteller anerkannt worden war. Erst nach der politischen Wende erhielt sie 1990 ihren alten Namen zurück.
In den 1930er Jahren erhielt Gorki den Status einer so genannten „geschlossenen Stadt”, die von Ausländern nicht besucht werden durfte. Grund dafür waren die hier ansässigen Betriebe, die auch Rüstungsgüter herstellten. 1932 wurden eine Automobil- und eine Flugzeugfabrik eröffnet. In Gorki wurden unter anderem Atom-U-Boote (der Charlie-Klasse), Kampfflugzeuge (etwa die MiG-29 oder die MiG-31) und Panzer produziert. Erst 1991 wurde die Stadt wieder für Besucher geöffnet.

Am nächsten Morgen bereite ich, wie fast jeden Morgen, das Frühstück zu. Während dessen geht Vreni eine Stunde Walken und anschliessend zusammen mit andern nochmals schwimmen. Sie will die Gelegenheit nutzen, wir wissen ja nicht, wann sich wieder eine solche bietet.
Dann heisst es Einpacken und die 250 km nach Tscheboksary unter die Räder zu nehmen.
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26.05.2014  Tscheboksary
Die Distanz beträgt zwar nur 250 km, jedoch werden wir immer wieder durch Baustellen und sehr schlechte Strasse am Vorwärtskommen gehindert.
Tschuwaschien gehörte zum Khanat Kasan, ehe es Mitte des 16. Jahrhunderts an Russland fiel. Im Gegensatz zu anderen Turkvölkern wurden die Tschuwaschen im 18. Jahrhundert christianisiert. Tschuwaschien war zu Zeiten der Sowjetunion eine Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (ASSR). 1991 wurde es Republik innerhalb Russlands. Die kleine Republik zählt zu den dichtestbesiedelten Republiken Russlands.

An der Peripherie von Tscheboksary, der Hauptstadt von Tschuwaschien, finden wir die IKEA. Wir wurden vorgängig bereits darüber informiert und mit Koordinaten versehen.
Hier will Vreni eine Matrazenauflage kaufen und erhofft sich davon, dass sie am Morgen nicht mehr gerädert aufwacht. Seit ein paar Wochen hat sie am Morgen Rückenschmerzen und vermutet, dass es mit der Matratze zu tun hat. Wir werden sehen.
Jedenfalls ergreifen wir noch die Gelegenheit im IKEA-Restaurant zu essen - Köttbullar mit Purée! Hier sieht alles genau so aus wie in jeder anderen IKEA-Filiale welche wir bisher kennen gelernt haben.

Der Standplatz hier überrascht uns: wir stehen direkt vor der Oper, mit Blick auf die Stadt und einen Seitenarm der Wolga.
Als Dank für die Hilfe mit den Solarproblemen laden uns Sabine und Michael zum Nachtessen ein.
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27.05.2014
Der nächste Morgen beginnt mit einer Überraschung.
Vreni ist gerade von ihrer Walking-Tour zurück und wir sitzen vor dem Camper beim Frühstück. Da fährt ein älteres Auto auf den Platz und ein Mann steigt aus um unsere WoMos zu fotographieren. Dann kommt er zu uns und fragt uns woher wir kommen und wohin wir gehen würden. Ich gebe ihm eine Karte, die wir extra für diese Fälle erhalten haben. Auf der einen Seite ist die Tour gezeigt und auf der Rückseite wird in allen Sprachen deren Länder wir bereisen unser Vorhaben beschrieben. Danach steigt er wieder ein und fährt weiter.
Inzwischen sind wir mit dem Essen fertig und Vreni steigt in die Dusche. Da kommt der gleiche Mann nochmals, mit einem 5 Liter Wasserbidon in der Hand, den er mir mit den Worten "good russian water" übergibt. Er stellt sich als Sergej vor und fragt, ob wir interessiert wären auf das 12-stöckige Opernhaus zu steigen um von dort die Aussicht zu geniessen und ein paar Bilder zu machen. Natürlich sind wir das und so gehe ich mit ihm zu Artem, damit er diesen Besuch für uns alle organisiert.

Um 9 Uhr betreten wir das Gebäude des 1960 eröffneten Tschuwaschischen Staatlichen Oper- und Balletttheaters. Es ist das grösste der vier in der Stadt befindlichen Theater und liegt direkt oberhalb des Salifs.
Es wirkt von aussen sehr modern und unkonventionell. Aber kaum sind wir im Inneren, erleben wir die harte russische Realität. Nichts im ganzen Gebäude ist intakt. Zuerst betreten wir den Bühnenboden und warten, bis alle Interessierten eingetroffen sind. Es überrascht nicht, dass alle Bühnenseile von Hand bedient werden und die roten Fauteuils ziemlich abgescheuert aussehen.
Dann steigen wir über eine schmale Treppe zwei Etagen nach oben, um von dort aus mit dem Lift ins oberste Geschoss zu fahren. Zum Lift nur soviel: diejenigen welche damit hochgefahren sind wollten danach über die Treppe nach unten steigen!
Über eine weitere Treppe erreichen wir die Dachterrasse, von wo aus wir einen schönen Blick über die Stadt und auf den Abstellplatz unserer WoMos haben.
Aber fast interessanter ist der Blick aufs Gebäude und dessen Installationen, im Besonderen auf die Feuertreppe! Da lasse ich lieber die Bilder sprechen.
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Nach einer halben Stunde stehen wir wieder vor der Oper, diesmal mit einem vertieften Eindruck darüber.
Inzwischen ist auch unsere Stadtführerin eingetroffen und wir fahren ein Stück mit dem Bus. An der Fussgängerpassage steigen wir aus. Hier finden wir ein paar Souvenirstände. Aber für den Kauf bleibt uns später noch etwas Zeit. Wir betreten ein volkskundliches Museum welches die Geschichte und das Leben des tuwaschischen Volkes beschreibt.
Unsere Führerin, eine quicklebendige Tschuwaschin, unterhält uns glänzend und spickt ihre Erzählungen immer wieder mit einer Anekdote oder einem Witz. Beim Verlassen des Museums erwartet uns eine Volksgruppe in Trachten mit Gesang und Tanz. Es werden Lieder gesugen und Geschichten erzählt. Uns unsere Führerin übersetzt fortwährend in gutes Deutsch.
Dann wird ein frisch gebackenes Brot mit Salz in einer Vertiefung rumgereicht und wir brechen uns Stücke davon ab. Der Höhepunkt ist ein Tanz, viel mehr eine besondere Polonaise in welche auch wir eingebunden werden.
Bevor wir wieder zum Bus gehen, haben wir noch Gelegenheit für Käufe.

Dann gehts weiter durch die Stadt, vorbei an russisch-orthodoxen Kirchen und an Moscheen. Hier erkennen wir bereits den orientalischen Einfluss, hier begegnen sich zwei grosse Religionen.
Der Abschluss bildet der Besuch des Denkmals des unbekannten Soldaten, welches unmittelbar neben einem Rüstungsmuseum liegt. Draussen stehen alte Flugzeuge, wie zB. Sikorsky und MIG, aber auch Panzer und Kanonen.
Hier, wie an allen anderen Orten auch, wird unermüdlich die Wehrbereitschaft und die heroischen Taten der Krieger hervorgehoben.

Um 12 Uhr kehren wir zu den WoMos zurück und machen uns auf die 170 km nach Kazan.